Projekttage in der Schule

Warum sind Präventionsprojekte in der Schule sinnvoll?

Laut Statistik ist jedes 3.- 5. Mädchen und jeder 8.- 10. Junge von sexueller Gewalt betroffen. Man geht davon aus, dass in jeder Klasse einige betroffene Kinder sitzen. Sexuelle Missbrauchshandlungen beginnen am häufigsten zwischen dem 5. und 10. Lebensjahr, d. h. die meisten Übergriffe finden im Grundschulalter statt.

Sexueller Missbrauch ist eine Wiederholungstat, Kinder erleben sexuelle Gewalt über mehrere Jahre in ihrem vertrauten Umfeld. Verbunden sind diese schmerzlichen Erlebnisse in der Regel mit einem Schweigegebot. Es gibt Kinder, die auf vielfältige Weise versuchen das mitzuteilen, was ihnen widerfährt, aber statistische Zahlen besagen, dass meistens erst der 8. Erwachsene dem Kind Glauben schenkt. In diesem Alter haben Kinder keine Kenntnis und keine Zugangswege zu Beratungseinrichtungen, Jugendämtern, Hilfsmöglichkeiten. Sie sind nicht mobil, haben kein Geld für Verkehrsmittel und können meistens nicht unerlaubt weg.

Schule als geeigneter Ort

Deshalb ist die Schule ein geeigneter Ort für Präventionsarbeit, da Kinder hier über einen längeren Zeitraum außerhalb der Familie anzutreffen sind. Und dieser Ort ist ihnen zugänglich. Zudem spiegelt die Schule selbst gesellschaftliche Realität. Auch auf dem Schulhof und im Klassenzimmer gibt es Gewalt und sexualisierte Übergriffe.

Zur Zeit der Pubertät wird der sexuelle Missbrauch am häufigsten aufgedeckt. Kontakte und Vertrauenspersonen außerhalb der Familie gewinnen an Bedeutung. Den Jugendlichen wird es möglich, Worte dafür zu finden, was ihnen passiert, bzw. passiert ist. Die Pubertätsphase ist meistens eine schwierige Phase auf der Suche nach der eigenen Identität. Und Jugendliche, die sexuelle Gewalt erleben, reagieren gerade in dieser Zeit auffällig (Beispiele Mädchen: selbstverletzendes Verhalten, Alkohol, Drogen, Ausreißen, Schule schwänzen, Depressionen, Selbstmordgedanken, sexualisiertes Verhalten).

Mädchen und Jungen – Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die Betroffenheit und das Erleben von Gewalt, auch sexueller Gewalt, ist für Jungen und Mädchen unterschiedlich. Deshalb ist die Arbeit in geschlechtsspezifischen Gruppen von besonderer Bedeutung.
Viele Mädchen reagieren bei sexuellen Gewalterfahrung nach innen, zerstörerisch gegen sich selbst. Dagegen richten viele Jungen die Wut, Scham und Hilflosigkeit nach außen, gegen andere und werden wegen übergriffigem Verhalten auffällig. Gerade für Jungen gibt es im Bereich sexuelle Gewaltprävention kaum Angebote, obwohl ihre Not groß ist und sie in der Schule oft diejenigen sind, die andere belästigen.

Mit dem Gruppenangebot von Lawine für Mädchen lernen diese über Rollenspiele, Spiele, Übungen und Gesprächskreise, ihren eigenen Gefühlen mehr zu trauen, Grenzen und Gefühle anderer wahrzunehmen und zu akzeptieren. Beispielsweise lernen sie „Nein" zu sagen, sich gegenseitig zu unterstützen und Hilfe zu holen. Sie lernen Erwachsene kennen, die außerhalb von schulischen Reglements (wie Noten) potenzielle Ansprechpersonen für sie sein können und, da der Beratungsstellenbesuch mit im Programm ist, wo und was eine Hilfseinrichtung ist. Die Hemmschwelle in eine Beratungseinrichtung zu gehen ist groß, diese Erfahrung machen Erwachsene auch. Deshalb ist es wichtig, dass Jugendliche Mitarbeiter/-innen aus diesen Einrichtungen live erleben und die Räumlichkeiten gesehen haben.

Zusammenarbeit mit den Klassenlehrern/-innen

Die Gruppenangebote werden gemeinsam mit den Klassenlehrern/-innen durchgeführt. Die Lehrkräfte erfahren, dass heikle Themen von Pädagogen/-innen von „außen" unbelasteter angesprochen werden können. Themen wie: körperliche Entwicklung, Sexualität, Umgang in der Familie, sexualisierte Gewalt, innerfamiliäre Gewaltanwendung und Gewalt unter den Schülerinnen.

Über Spiele und andere Methoden werden Anregungen vermittelt, diese Themen in den Schul- und Unterrichtsalltag zu integrieren. Die Lehrer/-innen erleben, dass das Thema sexuelle Gewalt besprechbar ist. Deutlich wird, wie Lehrkräfte gefordert sind, angemessen zu reagieren, nichts zu bagatellisieren, wenn sich Kinder oder Jugendliche bei ihnen Hilfe holen.

Beitrag zur Gewaltprävention

Präventionsarbeit ist ein Beitrag zur Gewaltprävention, weil sich Jungen und Mädchen soziale Kompetenzen erwerben – über die Wahrnehmung von Grenzverletzungen, das Achten auf ihre Gefühle und die anderer bis hin zur Einübung eines veränderten Umgangs miteinander.

Präventionsarbeit soll Kinder stärken und selbstbewusster machen, damit es ihnen leichter fällt, „komische Situationen" einzuschätzen und sich Hilfe zu holen. Wenn sie wissen, dass es Erwachsene gibt, die sie ernst nehmen und an die sie sich vertrauensvoll wenden können, ist schon viel erreicht.

Ziele der sexuellen Gewaltprävention:

  • Sensibilisierung für Alltagskonflikte, für alltägliche Gewalt, z. B. Übergriffe in der Schule, auch sexualisierte Gewalt unter Schülerinnen und Schülern
  • Wahrnehmung von Gefühlen
  • Grenzen und Gefühle anderer wahrnehmen und akzeptieren
  • Stärkung der Mädchen, Förderung ihrer Unabhängigkeit
  • Stärkung des Selbstwertgefühls
  • Bewusstsein für Kommunikationsverhalten entwickeln
  • Selbstbehauptung und lernen, „Nein" zu sagen
  • gegenseitige Unterstützung lernen, sich Hilfe holen lernen
  • Hinterfragung tradierter Geschlechterrollen (Mädchen sollten lernen, ihre Rechte zu fordern)
  • Bearbeitung unterschiedlicher Betroffenheit von Gewalt in einer geschlechtsspezifischen Gruppe
  • Erkennen unterschiedlicher Positionen und Sichtweisen durch Rollenspiele (z.B. Täter/ Opfer)
  • Respektierung und Anerkennung der individuellen Persönlichkeit
  • Einübung von ungewohnten Verhaltensweisen